Vor kurzem haben das Forum Zukunft, des Börsenverein des Deutschen Buchhandels, und die Buchmesse Frankfurt die Manege Digital ins Leben gerufen mit dem Ziel digitale Inhalte sichtbar und anfassbar im Buchhandel und auf den Buchmessen zu präsentieren. Mir stellt sich dabei sofort die Frage, wie andere digitale Medien sich „offline“ präsentieren und ob es aus meiner Sicht (als Verleger) überhaupt ein lohnendes Unterfangen ist sich so darzustellen.
Wo wird zur Zeit Download-Musik/Video außerhalb des Internets sichtbar?
In der Werbung, egal ob es TV oder Print ist, sind, die „erhältlich im iTunes Store“ Buttons sichtbar, aber in der lokalen Fußgängerzone? Die meisten der Plattenläden haben mittlerweile aufgegeben und in den noch existierenden Geschäften werden Schallplatten & CDs angeboten – keine Onlinemedien aus Onlineshops. Am ehesten lassen sich noch iTunes/Amazon Guthaben Karten nahe der Kassen in den großen Filialen der Elektronikmärkte finden, aber damit wird keine Sichtbarkeit für einzelne Titel erzeugt.
Nach aktuellen Studien (Bitkom Studie 2014) besitzen mittlerweile 85% der 12-13 Jährigen ein Smartphone und über 50% der 6-7 Jährigen die das Internet nutzen spielen damit und schauen sich Videos an – die Mediennutzung steht online also klar mit im Vordergrund. Versuchen Sie einmal einem dieser „Digital Natives“ zu erklären er solle in einen Buchladen gehen, um sich dort ein E-Book zu kaufen. Die positivste Reaktion dürfte noch ein Erstaunen sein und die Frage ob der Laden denn auch Paypal akzeptiert, wenn man nicht sofort schallendes Gelächter erntet. Machen wir uns doch nichts vor, jede Offline Sichtbarkeit von digitalen Medien wird eine Übergangslösung sein mit der man versuchen kann eine (aussterbende) Generation an Buchliebhabern vom digitalen Medium zu überzeugen.
Echte Buchliebhaber werden sich aber sicher nicht mit QR-Codes auf Pappkärtchen und nach Papier duftenden Kindle-Hüllen überzeugen lassen.
Einfach einen Haufen digitale „Prospekte“ ins Regal zu stellen ersetzt auch keine Printprodukte, da einfach sehr viele unterschiedliche Faktoren zur Buchauswahl führen, die sich nicht so einfach digital emulieren lassen. Dinge wie die Dicke eines Buches (welche Abschrecken oder Anziehen kann), das intuitive durchblättern und einfach auf irgendeiner Seite ungestört rein lesen zu können (nicht umsonst sind Bücher nicht mit Folie eingeschweißt) bieten die digitalen Ausstellungsvarianten nicht. Nur der Titel, das Cover und der Klappentext sind als Information eher dürftig und selbst Amazon bietet da ja mittlerweile mehr an (siehe „Blick ins Buch“). Hinzu kommt, dass es bereits jede Menge Ideen und Versuche gibt, die schon praktisch umgesetzt wurden, sei es QR Codes in Fernreisebussen zu verteilen (Piper – Artikel im Börsenblatt), E-Book Automaten (Artikel im Börsenblatt), QR Code Ständer in Buchhandlungen (Artikel im Börsenblatt) oder auch schon den modernen medienfähigen Ohrensessel (Sonic Chair).
Selbst die modernen eReader Apps versuchen nicht mehr das Printprodukt zu imitieren, sondern entwickeln eine Eigenständigkeit (siehe „Die Evolution der E-Book Gestaltung“). E-Book Bibliotheken verzichten auf jeden Skeuomorphismus und stellen nicht mehr einfach Buchcover in einem Kiefernholzregal dar, warum sollten wir dann unsere eReader, Tabletts und Smartphones in Buchhüllen stecken? Mich erinnert das an die Hüllen für VHS Kassetten, die vom Bildungsbürgertum in den 80er Jahren verwendet wurden, um im Buchregal die Gesamtausgabe von Goethe vorzutäuschen.
Die digitale Sichtbarkeit (außerhalb der Top 100 von Amazon) ist das Problem.
Wenn ich auf die von mir oben auf geworfene Frage zurückkomme, ob sich die Offline Sichtbarkeit überhaupt als lohnenswertes Ziel darstellt, darf ich den Aufwand dieser Lösungen nicht aus den Augen verlieren und was ich mit gleichem Aufwand vielleicht Online erreichen könnte – bei einer Zielgruppe die direkt bereit ist sich auf digitale Medien einzulassen und nicht erst davon überzeugt werden muss („riecht nicht nach Buch“-Generation). Setze ich vielleicht nicht lieber direkt auf eine Zielgruppe, die ich ohne Medienbruch erreichen kann, und suche Mittel und Wege die Sichtbarkeit in dieser Zielgruppe zu erhöhen? Ich drücke dem Forum Zukunft jedenfalls die Daumen das sich auch wirklich Innovationen finden lassen und werde sicher selber zum Thema „Veränderte Messepräsenz als Reaktion auf digitalen Medien“ noch etwas ausführlicher Stellung nehmen.